Mitunter gönne ich einen Moment. Ich stehe in einem fertigen Gebäude, allein, und lasse es auf mich wirken. Oft ist es die letzte Gelegenheit mein Werk von innen zu betrachten, leer, ohne Menschen und ihrem Alltag.
Gestern hatte ich so einen ähnlichen Moment: Im Sennstadtarchiv, unter der Stadtteilbibliothek Sennestadt. Hier stand bis gestern das Sennestadtmodell, Planungs- und Wettbewerbsmodell für eine neue Stadt, Maßstab 1/500. Ein besonderer Ort. Ein trister Keller, grüne und gelbe Vorhänge, wehende Farben der Nachkriegszeit, seit 66 Jahren Unterkunft für die Idee einer Stadt. Dieser Keller gehörte früher zum „Teehaus“, dem ersten Planungsbüro von Hans-Bernhard-Reichow in der Sennestadt. Von hier aus wurde damals die vollständige, neue Stadt innerhalb von fünf Jahren geplant und als Modell gebaut.
Bis vor kurzem wurde das Modell noch von ehemaligen Mitarbeitern aus dem Büro Reichow weitergeführt, Änderungen, kleine Abbildungen der Wirklichkeit als Hinzufügungen. Das Modell als wurde somit stetig weitererzählt, so wie die Sennestadt selbst. Es zeigt die Philosophie und Haltung ihrer Erbauer: Von Herrn Holst habe ich den Blick auf diese, wie er es nannte, Aktualisierung erhalten; Mein Moment mit ihm hat mir dir gesamte Dimension einer Stadt gezeigt. Die Farben der Sennestadt, seine Mitwirkung im Arbeitskreis Ortsbildpflege, die Arbeit am Modell der Sennestadt – Seine Haltung und Tun passten wunderbar zu der Idee einer „organischen Stadtbaukunst“, das Sich-Entwickelnde, Lebendige, sich Aufeinander-Beziehende.
Jeder einzelne der ursprünglichen Arbeitsschritte kam damit zum Vorschein. 66 Jahre Sennestadt leben in diesem Modell – es ist ein Arbeitsmodell! Und so soll es bleiben, als Sichtbarmachung der Veränderungen.